CO2-Aufschlag zur LKW-Maut: Transportwirtschaft zahlt doppelt

Maut Erhöhung und Ausweitung auf LKW ab 3,5 t.

Die LKW-Mautsätze sind seit dem 01.12.2023 beinah verdoppelt worden und werden ab 01.07.2024 auch auf leichte Nutzfahrzeuge zwischen 7,5 t und 3,5 t zulässiger Gesamtmasse ausgeweitet. 

Neben Infrastrukturverschleiß und Umweltbelastung hängt der Mautsatz pro Kilometer nun davon ab, wie viel Kohlenstoffdioxid ein Fahrzeug ausstößt. Dazu ist ein neuer Mautteilsatz mit fünf CO₂-Emissionsklassen eingeführt worden. Grundlage für den neuen CO2-Faktor ist ein Preis von 200 Euro je Tonne Kohlendioxid-Emissionen.

Alle erfassten LKW sind vom Mautsystem-Betreiber Toll-Collect zunächst in die preislich höchste Emissionsklasse 1 eingestuft worden. Sie konnten vom Unternehmen, sofern die Fahrzeuge erstmals nach dem 01.07.2019 zugelassen wurden und weitere Voraussetzungen dafür vorliegen, selbstständig im Toll-Collect-Kundenportal einer günstigeren Klasse zugeordnet werden. In welche Klasse Ihr Fahrzeug gehört, ist per Emissionsklassenfinder (Verlinkung siehe Kasten) zu ermitteln. Außerdem ist für die Mautermittlung nicht mehr das zulässige Gesamtgewicht (zGG), sondern die technisch zulässige Gesamtmasse (tzGM) maßgeblich, die bei abgelasteten Fahrzeugen entsprechend höher sein kann. Hier ist ggfs. Feld 1 des Fahrzeugscheins zu prüfen.

Weitere Änderungen für LKW ab 7,5 t seit 01.12.23:

- Fahrzeuge mit Partikelminderungsklasse (PMK) werden nicht mehr in eine bessere Schadstoffklasse eingestuft.

- Erdgasbetriebene Fahrzeuge sind seit 01.01.24 mautpflichtig.

- Emissionsarme Fahrzeuge sind – außer bei biogenen Kraftstoffen - bis Ende 2025 von der LKW-Maut befreit und sollen danach nur noch 25 Prozent der Maut-Teilsätze für Infrastruktur und Umwelt tragen müssen.

Ab 01.07.24 werden dann auch leichte Nutzfahrzeugen ab 3,5 t technisch zulässiger Gesamtmasse mautpflichtig. Damit werden erstmals auf breiter Basis auch Auslieferfahrzeuge (Solofahrzeuge und Kombinationen) von Groß- und Einzelhändlern sowie anderen Dienstleistern einbezogen. Ausgenommen sind die Fahrzeuge von Handwerkern oder handwerksähnlichen Berufen, wenn die Beförderung von Material oder Ausrüstung oder die Auslieferung handwerklicher Produkte im Werkverkehr erfolgt. Trotz dieser Ausnahmefälle zieht die Ausdehnung auf Klein-LKW einen immensen Nachrüstungsaufwand mit Maut-Erfassungsgeräten (OBUs) nach sich. Deshalb soll diese Mautpflicht erst ein halbes Jahr später kommen.

Die erwarteten Mehreinnahmen sind für Maßnahmen im Bereich der Bundesfernstraßen und der Mobilität vorgesehen. Dabei wird der Finanzierungskreislauf für die Straße, mit dem die Maut als „Straßenbenutzungsgebühr“ ursprünglich einmal angetreten war, endgültig durchbrochen. Denn abzüglich der Systemkosten sollen künftig 50 Prozent der Maut-Einnahmen überwiegend für die allgemeine Mobilität verwendet werden, vorrangig für die Ertüchtigung der Schieneninfrastruktur. Zwar ist es unstrittig, dass künftig vermehrt in die Schiene investiert und deren Leistungsfähigkeit gesteigert werden muss. Ob die dazu notwendige Finanzierung allerdings über einen anderen Verkehrsträger erfolgen sollte, ist zumindest wettbewerbsrechtlich umstritten.

Der CO2-Preis von 200 € liegt deutlich höher, als europarechtlich vorgesehen und auch über dem allgemeinen politischen CO2-Preis auf Brennstoffe. Dieser soll bekanntlich 2024 von 30 auf 40 Euro steigen und wird von der Transportwirtschaft und ihren Kunden in dieser Höhe dann zusätzlich zur erhöhten Maut über den Dieselpreis zu tragen sein. Dabei war in der Ampel-Koalitionsvereinbarung klar die Bedingung formuliert, „eine Doppelbelastung durch den CO2-Preis auszuschließen“.

Weil LKW zwischen 3,5 und 7,5 t. kaum im Fernverkehr eingesetzt werden, sollen die Kontrollen auf Bundesstraßen intensiviert und dazu mehr Personal eingesetzt werden. Abzuwarten bleibt, ob im Kurzstrecken- und Auslieferverkehr eingesetzte Fahrzeuge vermehrt von Bundesstraßen auf niedriger klassifizierte Strecken ausweichen. Das würde neben Maut auch den Umrüst- und Abrechnungsaufwand sparen und durch das weitaus dichtere Netz von Landes- und Kommunalstraßen begünstigt.

Experten bezweifeln, dass die mit dem CO2-Tarif erhoffte Lenkungswirkung in dem gewünschten Umfang eintreten wird, weil Nutzfahrzeuge mit Wasserstoff- oder Elektroantrieb ebenso wie die Versorgungs- und Ladeinfrastruktur bei weitem nicht in dem erforderlichen Umfang zur Verfügung stehen.



Erklärvideo von Toll-Collect: Toll Collect | CO₂- und 3,5 Tonnen-Maut (toll-collect.de)

Emissionsklassenfinder: Toll Collect | CO₂-Emissionen (toll-collect.de)